Mitochondrien, Mitochondriopathie und chronischer Stress
Mitochondrien – was ist das überhaupt?
Mitochondrien werden auch „Powerhouse of the cell“ genannt – sie sind unserer Energiekraftwerke. Und das ist nicht übertrieben, denn immerhin decken sie unseren riesigen Energiebedarf von ca. 70 – 100kg Adenosintriphosphat (kurz ATP, wenn Sie so wollen unser Treibstoff) pro Tag. Jeder von uns hat in etwa 10 Billiarden davon (eine 10 mit 15 Nullen!), das entspricht in etwa 10% des eigenen Körpergewichts. Diese kleinen Dinger sind also extrem wichtig für uns, ohne sie wäre Leben in der uns bekannten Form nicht möglich.
Und weil sie so wichtig sind verfügen Mitochondrien über eine eigene DNA (mtDNA), die übrigens überwiegend mütterlicherseits vererbt wird. Sie sind mit den Bakterien verwandt und zählen zu den Zellorganellen. Wie viele Mitochondrien eine Zelle enthält, hängt von ihrer Stoffwechselaktivität ab. Eine einzelne Gehirn- , Muskel-, Leber- oder Nierenzelle kann bis zu mehreren tausend Mitochondrien enthalten. Unser Herzmuskel braucht besonders viel ATP, deshalb machen Mitochondrien ca. 36% unseres Herzmuskelgewichtes aus.
Die wichtigsten Aufgabe der Mitochondrien
An allererster Stelle ist hier die Produktion von Adenosintriphosphat und somit unsere Energieversorgung zu nennen. Die geschieht über die Atmungskette und über den Citratzyklus. Dies ist - wie Sie sehen – ein biochemisch komplexer Vorgang, auf den hier nicht weiter eingegangen werden soll.
Des weiteren sind Mitochondrien für die Bildung folgender Zellbaumaterialien zuständig: Aminosäurebildung, Fettsäurensynthese, Teile der Steroidhormonsynthese, Hämsynthese, Eisen-Schwefel-Cluster. Und -genau so wichtig – sind sie auch an der Entsorgung beteiligt; so sind sie Teil des Harnstoffzyklus, bauen Keto-, Fett- und Aminosäuren ab und leiten die Apoptose (also die Selbstzerstörung von überalterten oder nicht mehr richtig funktionierenden Zellen) ein. Bei einem Erwachsenen sterben übrigens pro Tag ca. 80 Milliarden Zellen auf diese Weise, ebenso viele werden neu gebildet.
Die ringförmige mtDNA (mitochondriale DNA) liegt frei in der Matrix des Mitochondriums und weist 37 Gene auf. Die mtDNA ist anfällig für ROS (=reaktive Sauerstoffspezies; auch Sauerstoffradikale genannt) und Toxine (z.B. Umweltgifte), wodurch sie im Laufe des Lebens zunehmend mutiert. Zudem verfügt sie über einen eingeschränkten Reparaturmechanismus, wodurch es langfristig zu spürbaren Schädigungen kommen kann. Ab einer Schädigung von ca. 40% können Symptome auftreten wie z.B. Erschöpfung, Schlafstörungen, Hormonstörungen oder Alkoholintoleranz. Ab einer Schädigung von über 60% ist die Energiegewinnung so massiv eingeschränkt, dass es z.B. zum CFS (Chronic Fatigue Syndrom) führen kann.
Zudem sind zur ATP-Synthese eine Vielfalt an Mikronährstoffen nötig. Diese sind u.a. Vitamin B1, B2, B3, B5, B12; Vitamin C; Magnesium, Eisen, Mangan, Kupfer; Biotin; a-Liponsäure; Q10.
Stress – die Hauptursache aller Krankheiten
Chronischer Stress – was ist das eigentlich?
Bei chronischem Stress befinden wir uns in einer dauerhaften also chronischen Sympathikotonie, d.h. unser sympathikoton gesteuerter „Fight and Flight-Modus“, unsere Kampf- oder Fluchtreaktion, ist dauerhaft aktiviert.
Chronischer Stress ist sozusagen eine neuronale chronische Hyperaktivität des ZNS, d.h. eine dauerhafte Erhöhung der elektrischen Aktivität des Gehirns. Dies führt zu einem neuronalen Energiemangel. Um diesen erhöhten Energiebedarf zu decken kommt es zur Aktivierung des Sympathikus sowie der Neuroendokrinen Achse. Und zwar unabhängig vom Stressauslöser, welcher mentaler, emotionaler oder körperlicher Natur sein kann.
Auslöser auf körperlicher Ebene können z.B. sein: Überernährung / Bewegungsmangel; Darmprobleme wie LeakyGut-Syndrom; HWS-Instabilität; Erregerbelastungen mit z.B. Herpes-Viren, EBV oder Borrelien.
Mentale Auslöser für Stress können sein Doppelbelastungen aus Arbeit und Haushalt, Termin- und Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit oder mangelnde Anerkennung.
Auf emotionaler Ebene sind als Stressauslöser vor allem zu nennen Beziehungskonflikte, Trennung oder Verlust von Bezugspersonen, Krankheiten oder Trauma und auch die Angst vor alldem.
Chronischer Stress kann zu einer Vielzahl von Problemen führen, u.a.:
Magen-Darm-Beschwerden; Muskelverspannungen und Gelenkschmerzen; KHK, Arteriosklerose, Hypertonie; Neurologische Erkrankungen; Hormonelle Störungen; Psychische Erkrankungen; Infektanfälligkeit und Allergien
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Chronic Fatigue Syndrom oder (neuer) Myalgische Enzephalomyelitis
Eines vorweg: CFS/ ME hat nichts mit Müdigkeit oder Erschöpfung, so wie wir sie alle von Zeit zu Zeit kennen, zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine neuroimmonologische Multisystemerkrankung, die mit schweren Einschränkungen einhergeht. Dies ist auch ein Grund dafür, das sich die neuere Bezeichnung Myalgische Enzephalomyelitis mehr und mehr durchsetzt.
Die Ursachen für ME/CFS sind bisher noch unklar, die sekundäre Mitochondriopathie ist zumindest eine von zahlreichen Hypothesen, die im Raum steht. Häufig beginnt die Erkrankung mit einem Infekt während einer Phase von körperlichem oder mentalem Stress. Dieser Infekt ist häufig viraler Natur, das EBV-Virus scheint hier eine besonders große Rolle zu spielen, möglich sind auch virale Atemwegs- oder Magen-Darm-Infekte.
Betroffene leiden häufig unter Schlafstörungen, Konzentrations-, Gedächnis- und Aufmerksamkeitsstörungen („brain fog“). Da in vielen Fällen kein Grund für die Beschwerden gefunden werden kann, werden die Patienten häufig in die „psychisch krank“-Schublade gesteckt.
Weitere typische Symptome – neben der schweren Fatigue und dem brain fog – sind:
schmerzende Lymphknoten,Gelenk- und Muskelschmerzen, Magen-Darmbeschwerden, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Reizempfindlichkeit, Herzrasen und Schwindel.
Sekundäre Mitochondriopathie als Ursache für ME/CFS?
Es gibt eine Unzahl von Faktoren, die zu einer Schädigung der Mitochondrien bzw. der mtDNA führen können. An endogenen Faktoren sind hier vor allem zu nenne: Vitamin- bzw. Mikronährstoffmängel, Silent Inflammation/Leaky gut etc., chron. HWS-Syndrom/ -Instabilität
Die wichtigsten exogene Faktoren sind: Umweltgifte/Toxine/Tenside/Schwermetalle; Medikamente (Statine, etc.), chron. Stress/Traumata, Überernährung v.a. mit Kohlenhydraten; körperliche Überanstrengung; chron. virale und bakterielle Infekte
Betroffene einer sekundären Mitochondriopathie leiden häufig unter Müdigkeit und Erschöpfung. Auffällige Anfangssymptome sind vorher nicht gekannte Alkoholintoleranz, Heißhunger auf Süßigkeiten und kurze Essabstände. Dazu können kommen Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Störungen im Magen-Darm-Bereich, Migräne, Hormonelle Störungen, Lärmempfindlichkeit, Gelenkschmerzen u.v.m.
Schlussendlich kann sich eine sek. Mitochondriopathie in chronischen Erkrankungen manifestieren wie z.B. Fibromyalgie, ME/CFS, neurodegenerative Erkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus II, Infektanfälligkeit und Allergien.